Um den eng gesteckten Fertigstellungstermin halten zu können, muss PEWO 2014 einen Weg finden, die Großanlage parallel zu den Hochbauarbeiten zu montieren. Auf dem Gelände der Rüttgers Chemiewerke in Castrop-Rauxel ging das nicht. Außerdem: Schon zu Projektbeginn ist absehbar, dass Planungsänderungen im Detail notwendig sind, um die Großanlage passgenau und funktional einwandfrei umzusetzen.
Abb.: Planungsbesprechung an der CNC Rohrschneidemaschine bei PEWO, Lothar Finger, Klaus Jacob und Egbert Petrick (v.l.n.r.)
Um das buchdicke Leistungsverzeichnis mit ca. 250 Sammelpositionen abzuarbeiten, sind eigene Rohrschneidetechnik, professionelle Schweißer und Spezialwerkzeug unerlässlich. PEWO hat diese Kompetenzen aber hätte ein Jahr zuvor den Auftrag nicht annehmen können. Voraussetzung war eine Investition, die sich in diesem Projekt erstmals bewährt. Im Dezember 2013 waren die neuen Fertigungshallen am Standort Elsterheide in Betrieb gegangen. Dazu gehört eine Montagehalle für Großanlagen mit Kranbahn und CNC-Rohrschneidemaschine, die zum Geburtsort für das E.ON-Fernwärme-Projekt wurde.
Die Konstruktion laut Ausführungsplanung wird mit eigener CAD-Technik nachvollzogen. Nicht weniger als 30 Kollisionspunkte werden so konstruktiv angepasst. Modifizierungen im Projektverlauf sind bei derart komplexen Systemen sehr wahrscheinlich. Mitunter verändern Zulieferer ihre Produkte oder es kommt selbst bei Einhaltung aller Parameter zu unpraktischen Situationen in der Anlage. Jede noch so kleine Änderung zieht weitere nach sich. Um sich ein Bild davon zu machen, genügt ein Blick auf die großen mechanischen Sperrventile (z.B. DN 400), deren Spindeln weit in die Anlage hinein ragen. Schon wenige Zentimeter Unterschied in der Wärmedämmung des gegenüberliegenden Rohres oder in der maximalen Spindellänge führen bei geöffnetem Ventil zu Kollisionen.
Herausforderungen
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Abb.: Das künftige Gebäude wurde als Holzständerkonstruktion nachgebaut, um Kollisionspunkte auf allen Ebenen zuverlässig auszuschließen.
Aber selbst die beste 3D-Konstruktionszeichnung kann Konflikte nicht zu einhundert Prozent erfassen. Es gibt einfach zu viele Bögen, Abzweige und Bauteile, die trotz des engen Raumes für Wartungs- oder Reparaturzwecke erreichbar bleiben müssen. Hier sind es 180 Armaturen zum Absperren, Steuern und Regeln, Entleeren und Entlüften für alle Anlagenbereiche in den Dimensionen von 8 mm bis DN400. In dem Wissen darum, dass sich daraus höchste Anforderungen an das Projektmanagement ergeben, entschließt sich PEWO zu einem ungewöhnlichen Produktionsschritt: Die Anlage wird am Standort Elsterheide vollständig aufgebaut!
Die modulare Vormontage erweist sich auf mehreren Ebenen als vorteilhaft. Einzelbauteile werden zu Modulen zusammengefasst, wodurch sich der Montageaufwand auf der Baustelle deutlich reduziert. Die Bauweise ist durch die Vorfertigung obendrein noch kompakter und wird sogar für den Transport optimiert. Der eigentliche Clou ist jedoch der 1:1-Nachbau des späteren Gebäudes in der Werkhalle von PEWO. Ein Zimmereifachbetrieb bildet mit Hilfe einer Holzständerkonstruktion die zweite Arbeitsbühne in etwa fünf Metern Höhe und die Innenkonturen des Stationsgebäudes nach. Somit werden auch die Bedingungen in der "zweiten Etage" exakt nachempfunden, weitere Kollisionspunkte aufgespürt und die Anlage auf allen Ebenen optimiert. Lasertechnik vermisst die Lage der Bauteile im Raum millimetergenau. Dieser Kniff bringt letztlich eine vierte Dimension ins Spiel: Das haptische und visuelle Erleben der täglich wachsenden Anlage ermöglicht eine Vorabnahme durch die E.ON Fernwärme GmbH bei ca. 80 Prozent Erfüllungsstand – im Trockenen!
Abb.: Kollisionspunkte vermieden. Die Sperrventile und Pumpen der beiden 15-MW-Wärmeübertrager wurden beispielsweise so gedreht, dass Konflikte vermieden werden, ohne zusätzlichen Platz zu beanspruchen.
Dank des parallelen Bauverlaufs mit den Hochbaugewerken vor Ort, kann in Abstimmung mit dem Auftraggeber das WIG-Schweißverfahren (Wolfram-Inertgas) als qualitatives „Non plus Ultra“ angewandt werden. Die einzelnen Module werden von PEWO-Ingenieuren inklusive aller Armaturen so geplant, dass sie beim Transport auf standardbreite LKW verladen werden können. Insgesamt fahren im Juli 2014 acht LKW von der Lausitz ins Ruhrgebiet, wo sich der Einsatz eines Mietkranes auf wenige Stunden reduzieren sollte. Mehr als 80 Prozent aller Schweißverbindungen werden als „Werkstattnaht“ vorgefertigt.
Neben Qualitätssicherung und Kosteneffizienz ist der Arbeitsschutz ein wichtiges Argument für die modulare Vorfertigung von Großanlagen. Es ist ein signifikanter Unterschied, ob eine 500 kg Absperrklappe im Regenwetter an einem Mobilkran baumelt oder in der Halle mit Hilfe einer Kranbahn zur Montage einjustiert wird. Die einzelnen Module werden, vergleichbar mit den viel kleineren Fernwärmeübergabestationen von PEWO, mit Standrahmen ausgeliefert. Der Konstruktionsrahmen reduziert die Endmontage vor Ort auf wenige Handgriffe – ein Prinzip, das sich im Kleinen wie im Großen bewährt.
Vorteile der Lösung
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Während des Projektes gibt es insgesamt zehn 3D-Planungsrevisionen, um der Anlage buchstäblich den letzten Schliff zu geben. Hierbei bewährt sich eine schlanke Projektstruktur, die schnelle und pragmatische Entscheidungen mit dem Auftraggeber E.ON Fernwärme GmbH ermöglicht.
PEWO-Projektmanagement
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Vorfertigung
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Nicht weniger als die Zukunft der Fernwärme
Teil 1 dieser Fallstudie zeigt die Funktion der Anlage und warum sie richtungweisend für energieeffiziente Wärmenetze ist.
Für weitere Informationen stehen Ihnen unsere Mitarbeiter gern zur Verfügung.
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